Kalte Schnauze – Hundeblog

Du sollst den Hund nie vor dem Abend loben

Ich bin mir sicher, dass jeder von euch das Sprichwort „Du sollst den Hund nie vor dem Abend loben“ kennt. Gut. Ich habe das Original leicht abgewandelt. Seinen Sinn verliert es deshalb trotzdem nicht. Ganz im Gegenteil. Auf meinen Hund Cabo gemünzt, passt es sogar sehr gut.

Mein kurzbeiniger Spanier ist total verfressen. Eine Charaktereigenschaft, die ich damals während meines sechsmonatigen Auslandssemesters in Madrid bei den Einheimischen weniger feststellen konnte. Es hat also nichts mit Cabos Herkunft zu tun, dass er so futterfixiert ist. Die Tatsache, dass er ein Straßenhund ist, lasse ich als Ausrede auch nicht gelten. Denn er war noch ein Welpe, als er zu mir kam. Ob es an seinem Rasse-Mix liegt? Kann sein. Ob es damit zu tun hat, dass ich ihm vor vier Jahren seiner Männlichkeit beraubt habe? Schon eher.

Kurzsichtigkeit versus Spürnase

Egal woran es liegen mag, bei Spaziergängen mit Cabo habe ich mir eine gewisse Haltung angeeignet, die ich im Alter bestimmt noch bereuen werden. Denn meistens gehe ich mit gesenktem Haupt spazieren. Den Blick immer auf den Boden und meinen Hund gerichtet. Stets bereit, das auf der Erde liegende Futter vor ihm zu entdecken.  Eine nicht ganz leichte Aufgabe, bei meiner zunehmenden Kurzsichtigkeit und meinem im Vergleich zum Hund unterentwickelten Riechorgan. Den Ratgebenden unter euch, die mir jetzt Anti-Giftköder-Training empfehlen, denen sage ich ganz ruhig: „Haben wir schon hinter uns. War minder erfolgreich.“ Darum habe ich gelernt, meinen Hund zu lesen. Wie sich herausstellte, geht Cabo beim Auffinden eines auf dem Boden liegenden Futterhappens sehr subtil vor. Kurzum, er verrät sich ziemlich schnell, wenn er eine stinkende, aufgequollene Köstlichkeit findet. Kommt mein „PFUI“ nur eine Millisekunde zu spät aus meinem Mund gedonnert, hat er das Objekt seiner Begierde bereits mit der Zunge wie ein Camelion direkt in seine Kehle katapultiert. Meine Reaktion daraufhin könnt ihr euch sicher sehr gut vorstellen.

Bisher ist immer alles gut gegangen. Und zu meiner großen Überraschung zeigen meine emotionalen Ausbrüche, bedingt durch mein eigenes Versagen am Hund, Fortschritte bei Cabo. Okay, nach mehr als sechs Jahren wird das auch langsam Zeit. So beobachte ich meinen Hund immer öfter dabei, wie er kurz vor der Leckerli-Inhalation innehält und nach meiner Erlaubnis fragt. Meist bin ich so perplex, dass ich seine zarte Bitte nach Heruntergefallenem nicht auf Anhieb verstehe. Verstehen könnt ihr aber sicherlich, dass ich mich dann freue wie blöd, wenn ich es dann doch checke und Cabo seine Zunge im Maul behält.

Hatte ich versehentlich auf Holz geklopft oder stand der Mond gerade günstig?

Doch am Wochenende setzte mein kleiner krummfüßer Spanier dem Ganzen die Krone auf – gleich zweimal! Auf dem Boden ein dicker fetter Leckerlibrocken, der seinem Besitzer erst vor wenigen Minuten aus der Tasche gefallen sein musste. Cabos Reaktion: Er witterte es, sah das Teil und machte einen großen Bogen um den Leckerbissen. Keine Ahnung, ob der Mond gerade günstig stand, ich mit dem richtigen Bein zuerst aufgestanden war oder ich beim Frühstück versehentlich auf Holz geklopft hatte. Es musste Zufall gewesen sein. War es aber nicht. Denn eine halbe Stunde später, fand Cabo wieder etwas, das den Weg aus einem Hundehalterleckerlibeutel hinaus in die Freiheit gefunden hatte. Und schon wieder: Cabo witterte es, sah die Köstlichkeit und marschierte daran vorbei. Kinners, ihr hättet meinen Freundentanz sehen sollen. Ich war stolz. Auf meinen Hund. Auf mich. Auf alles und jeden.

Ich war so voller Glückshormone, voller innerer Zufriedenheit und Stärke, dass ich nicht bemerkte, wie Cabo sich hinter mir zurückfallen ließ. Als ich mich gerade zu ihm hinunterbeugen wollte, um ihn zu sagen, was er doch für ein toller und guterzogener Hund ist, entdeckte ich ihn sieben Meter hinter mir. Die Schnauze tief versenkt in einem Scheißhaufen. Ja, und da war sie wieder, die bittere Erkenntnis: Du sollst den Hund nie vor dem Abend loben.

14 KommentareHinterlasse einen Kommentar

  • Ich könnt mich jetzt kullern vor lachen :D
    Ähnliche Situationen hatte ich auch schon.

    Spike abrufen, klappt prima der fremde Spielgefährte wird links liegen gelassen wir können zügig weiter,

    Das gleiche Spiel wie bei dir, ich merke nicht, dass er sich umentschieden hat und mit wehender Fahne zu rennen beginnt, bedeutet für mich 100 Meter wieder zurück, Hund einsammeln. grrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr

    Sie sind einfach klasse und dein Carbo hat ja schon den Blick eines kleinen Ganoven :-)

    • HA HA HA! Elke, das ist mir auch schon so oft passiert. Darüber habe ich auch schon eine Geschichte geschrieben. Allerdings als Gastbeitrag bei Iss’n Rüde.
      In dem Moment, wo es passiert, könnte ich mich echt schwarzärgern. Aber hinterher muss ich dann doch lachen. Ich wollte erst ein anderes Bild genommen haben. Aber das hier passte dann doch viel besser. ;-)

      Liebe Grüße und High five von Cabo an Spike

    • Anna, lieben Dank für deinen schönen Kommentar. Mir ist es wichtig, dass sich andere Hundehalter in meinen Geschichten wiederfinden und zu schmunzeln beginnen. Niemand ist perfekt – und unsere Hunde teilen uns das schonungslos mit, indem sie uns den Spiegel vorhalten. Ich mag das. :-)

    • Hi Klaus,

      na, ein besseres Kompliment kann ich wohl nicht bekommen. Hoffe, die Nachbarn nehmen es mir nicht allzu übel. ;-)

      LG Silvana

  • Ohja, das kennen wir :-D

    Man sagt „Pfui“, Hund geht total toll vorbei, man geht lobend weiter, steckt dem Hund das Belhnungs-Leckerli zu – und der Hund geht zurück und meint, „das hat die doch schon wieder vergessen, dass ich das da im Gras nicht haben darf…“

  • Ich kenne diese Art der Problematik zwar nicht (meine Hündin wurde als Straßenhund schwer misshandelt und hat keinen Geruchssinn mehr, darum erschnüffelt sie zum Glück keine Leckereien) aber bezogen auf andere Themen ist uns das sehr wohl bekannt. Darum reagiere ich auch immer abschwächend wenn wir Leute beim Gassi gehn treffen und die meinen Hund über den grünen Klee loben, weil er so brav folgt. Da kommt bei mir immer ein „Ja aber nur wenn sie grad Lust dazu hat“, weil ich weiß dass es schnell anders gehn kann. Letztes Jahr haben wir ein Pärchen getroffen, die haben Doro gelobt wie nix gutes. Dann is mein Wuffl über n Feld geflitzt um Krähen zu jagen, dabei aber über nen hasen gestolpert, den sie dann gehetzt hat (bis er im Gebüsch verschwand, aus den Augen = unintressant), und ab da war sie bei dem Pärchen nur noch „der Mistköter“.

    • Na, deine Geschichte passt doch auf Perfekt zum Motto „Du sollst den Hund nicht vor dem Abend loben!“. ;-) Danke, dass du sie geteilt hast.

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