Kalte Schnauze – Hundeblog

Wandern in der Uckermark – ein Erfahrungsbericht

Wandern in der Uckermark ist anders als ich es vom Niederrhein oder der Eifel kenne. Natürlich bin ich durch die zahlreichen Premium-Wanderwege verwöhnt. Das Kartenmaterial ist üppig und zu jeder Tour gibt es einen GPS-Track inkl. der passenden Übersichtskarte zum Ausdrucken. Die Wege sind als solche zu erkennen, perfekt ausgeschildert und großzügig mit Infotafeln bestückt. In der Uckermark gibt es das in der Fülle nicht. Hier ist wandern noch wandern. Ohne Orientierungssinn und die Fähigkeit Karten sehr gut lesen zu können, ist man dort in den meisten Fällen aufgeschmissen.

Mit Wanderkarte und Navi durch den „Dschungel“ von Kastaven

So war ich bei meiner ersten Wanderung um den Großen Kastavensee doch leicht irritiert, als der anfangs schöne und gut begehbare Weg im Niemandsland endete. Jetzt, nach 14 Tagen, weiß ich, dass in der Uckermark noch längst nicht alle Seen zu Fuß umrundet werden können. Beim Kastavensee im Lychener Ortsteil Retzow sollte das laut Wanderkarte zumindest möglich sein. Und tatsächlich. Beim genaueren Hinsehen, entdeckten wir einen kleinen Pfad, der zuletzt von Rehen und Wildschweinen genutzt worden war. Das Gras stand kniehoch, die Brombeerbüsche und Brennnesseln waren unerbittlich. Auf diesem Pfad war lange kein Mensch mehr gelaufen. Doch wir wagten das Abenteuer auch ohne Machete und stellten uns den Kampf gegen Zecken, Mücken und Bremsen. Für die Hunde war der Pfad total spannend, obwohl sie alle an der Leine liefen.

Nach einer halben Stunde durch den Uckermärk’schen Dschungel von Kastaven, machten sich bei der Entourage erste Ermüdungserscheinungen breit. Es war aber auch anstrengend, durch das hohe Gras zu stapfen und über die vielen umgefallenen Bäume zu klettern. Nicht nur wir, sondern auch das Navi hatte zu dem Zeitpunkt die Orientierung verloren. Doch die Wanderkarte prophezeite einen Pfad, der rechts vom See wegführen sollte. Und tatsächlich. Ähnlich versteckt, wie der Weg auf dem wir uns befanden, entdeckten wir ihn. Irgendwann ging es dann aber trotzdem nicht mehr weiter. Denn wir standen vor einem Schild, dass uns auf das Weitergehen auf eigene Gefahr hinwies. Man muss wissen, dass auch heute noch Teile der Wälder in der Uckermark Munitionsverseucht sind. Also beschlossen wir, entlang der uns erlaubten und vertrauenswürdigen Grenze weiterzugehen. Über einen kleinen Graben, über den zur Überquerung ein altes LKW-Fahrgestell mit Baumstämmen gelegt wurde, ging es zurück zum Kastavensee. Und dann tauchte plötzlich wieder ein richtiger Wanderweg vor uns auf. Immer weiter entlang des Großen Kastavensees führte er uns schließlich zurück in die kleine Siedlung am Rande von Retzow, wo wir das Auto geparkt hatten.

Kleiner Boitzenburger – Deutschlands schönster Wanderweg 2009

Dass es auch anders geht, konnten wir auf Deutschlands schönstem Wanderweg 2009 feststellen. Der Kleine Boitzenburger im Boitzenburger Land kommt unseren Premiumwanderwegen in NRW und Rheinland-Pfalz schon ziemlich nah. Zumindest sind wir dort auf die typischen Markierungen gestoßen, die den Wanderer auf seiner Tour begleiten und den Weg weisen sollen. Ein wenig aufpassen muss man schon, damit man bei den vielen kleinen und unterschiedlichen Wegweisern nicht durcheinander kommt, aber eine Machete ist diesmal nicht nötig. Ohne Wanderkarte geht es aber auch hier nicht.

Dass der Kleine Boitzenburger 2009 vom Wander-Magazin als Deutschlands schönster Wanderweg ausgezeichnet wurde, konnte ich gut nachvollziehen. Die Tour ist sehr abwechslungsreich. So führt sie durch das Örtchen Boitzenburg mit seinem Renaissance Schloss, vorbei durch artenreiche Wälder, dem Naturfreibad am Schumellensee und dem Krienkowsee. An einer langen Eichen-Allee mit mehr als hundert Jahre alten Bäumen geht der Weg schließlich weiter ins NSG „Tiergarten“ mit seiner Klosterruine und der Klostermühle bis zum Start- und Zielpunkt am Schokoladen-Museum in Boitzenburg. Wer bei den vielen verschiedenen Markierungen den Überblick behält, der sollte sich auf der Tour eigentlich nicht verlaufen. Es lohnt übrigens noch einen Abstecher ins nächste Dorf zu machen. In Lichtenhain hat Apfel-Gräfin Daisy von Arnim ein kleines Café und einen kleinen Laden eingerichtet, in denen frische Apfelprodukte aus der Region verkauft werden. Für den Apfelkuchen waren wir leider zu spät dran. Dafür haben wir uns mit Apfel-Aufstrichen und Apfel-Keksen, dem Arnim-Taler, eingedeckt.

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Wasserwandern in Lychen

Wandern in der Uckermark, besonders im Naturschutzgebiet „Uckermärkische Seen“, muss nicht ausschließlich bedeuten, zu Fuß unterwegs zu sein. Denn die 230 Seen laden zu ausgiebigen Touren mit Kajak oder Canadier ein. Letzteren besitzen Freunde von mir und hatten ihr natürlich auch dabei. Und weil wir unbedingt einmal mit ihnen mitpaddeln wollten, haben wir uns in Lychen an der Bootsstation-Reiherhals einen Canadier für 16 Euro und vier Stunden gemietet. Ürbigens sind die Wasser-Wander-Routen zum Teil viel besser mit Übersichtskarten am Wasser ausgezeichnet als normale Wanderwege.

So ging es von unserem Heimatsee, dem Wurlsee, in Richtung Nesselpfuhl. Immer begleitet von majestätischen Milanen und Fischadlern, die über unsere Köpfe ihre Kreise zogen. Über einen kleinen Verbindungskanal, auf dem ich eine schwimmende Ringelnatter entdeckte, erreichten wir schließlich den Großen Lychensee. Hier hatte ich nicht das Gefühl auf einem See zu sein, sondern irgendwo auf der Nordsee. So riesig ist er. Anders als auf den kleineren Seen, sind hier sogar Motorboote erlaubt. Der Wind frischte auf, sodass wir ordentlich paddeln mussten, um die Fischerei am Großen Lychensee zu erreichen. Dort angekommen gab’s erstmal ein leckeres Fischbrötchen mit Matjes oder wahlweise geräucherte Lachsforelle. Ein kleiner Abstecher bei Bernstein-Kunsthandwerker Gerald Jancke, der ebenfalls auf dem Gelände der Fischerei ansässig ist, musste natürlich auch sein. Das Ergebnis: neue Ohrringe, zwei neue Armbänder und eine Kette. ;-)

Rund 72 Kilometer von Fürstenberg/Havel nach Lychen und wieder zurück

Wieder zurück an der Fischerei, kam ich mit einem Leipziger ins Gespräch: braun gebrannt, blonde Mähne, Surfersonnenbrille, blaues T-Shirt und coole Hawaii-Shorts. Er hatte mit seiner Frau und einem befreundeten Ehepaar ebenfalls an gleicher Stelle Rast gemacht und erzählte mir, dass er jedes Jahr eine Woche mit Kajak auf den Uckermärkischen Seen verbringt. Diesmal ging’s von Fürstenberg/Havel nach Lychen und wieder zurück. Rund 72 Kilometer nur auf dem Wasser. Übernachtet wird auf den nächstbesten Campingplätzen, gegessen wird das, was sich gerade anbietet. In der Fischerei kauften die Ehefrauen für den Abend frischen Fisch ein. Und dann ging es für die Vier auch schon weiter zur nächsten Destination.

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Auch wir machten uns zu Wasser auf den Heimweg, weil der Himmel sich bedrohlich dunkel färbte. Leider hatte der Wind gedreht, sodass er jetzt recht unsanft von vorne gegen unsere Gesichter peitschte. Dumm nur, dass die Arme langsam schlapp machten. Paddeln ist eben doch nicht zu unterschätzen und durchaus anstrengend mit der Zeit. Unter einer Fußgängerbrücke fiel mir plötzlich eine riesengroße Spinne auf, die auf einer Plastiktüte Platz genommen hatte. Wie sich nachher herausstellte, handelte es sich dabei um die selten gewordene Listspinne, die eine der größten heimischen Spinnen ist. Ein schöner Abschluss, für einen außergewöhnlichen Wandertag.

Fazit: In der Uckermark wandert man in und mit der Natur

Wandern in der Uckermark ist tatsächlich ein anderes Erlebnis als zu Hause. Auch wenn es anfangs etwas gewöhnungsbedürftig war, macht das Wandern nicht weniger Spaß. Ich war dort mehr im Einklang mit der Natur, weil ich sehr aufpassen musste, den nächsten versteckten Weg nicht zu verpassen. Damit will ich unsere perfekt markierten Premium-Wanderwege nicht schlecht reden. Das wäre fatal. Doch in der Uckermark wandert man nicht nur in der Natur, sondern auch mit ihr. Das macht den ganz besonderen Reiz aus. Und auf einer vierstündigen Wanderung, keinem Menschen zu begegnen, hat Seltenheitswert.

Die beiden beschriebenen Touren findet ihr hier zum Nachwandern:


9 KommentareHinterlasse einen Kommentar

  • Wow, na das war ja nun einmal ein richtig toller Urlaubs- / Wander- / Abenteuerbericht, mit vielen tollen Fotos :-) Das hat mich nun auch so richtig neugierig auf Wanderungen in der Uckermark gemacht :-D

    Gegen zugewachsene Wanderwege habe ich auch nichts einzuwenden, solange die mir nicht auf einem sogenannten „Premium-Wanderweg“ begegnen, dann gibts Mecker von mir :-D

    Lg., Klaus

    • Es war gar nicht so leicht, so viele Eindrücke in einen Blogbeitrag zu packen. Jede Wanderung für sich wäre aber viel zu viel gewesen. Es waren natürlich nicht unsere einzigen Touren im Urlaub. Auf zwei werde ich wahrscheinlich noch gesondert eingehen. ?
      Freue mich auf jeden Fall, dass ich dein Interesse für die Uckermark geweckt habe.
      LG Silvana

  • WOW das liest sich ja spannend.
    So eine einfache See-Umwanderung artet in solch ein Abenteuer aus, super!

    Wir sind tatsächlich verwöhnt, allerdings habe ich auf meinen selbstgebastelten Strecken hin und wieder auch Abenteuercharakter erlebt. Auf dem alten Rheinhöhenweg, zugewachsen und am Ende unbegehbar, habe ich eine Rotte Wildschweine aufgescheucht.

    Auf die Idee in der Uckermark zu wandern, bin ich bisher nicht gekommen, aber wer weiß wohin die Sehnsucht noch treibt :-)

    Liebe Grüße und eine gute Woche
    Elke

    • ich glaube wirklich, dass wir durch unser hervorragendes wegemanagements sehr verwöhnt sind. das gibt es so nicht in der uckermark. noch nicht. es kann aber auch sein, dass so viel wandertourismus gar nicht gewollt ist, weil dort oben sehr viel wert auf naturschutz gelegt wird. und der ist eben nicht immer mit allem zu vereinbaren.

      dir auch eine gute woche, elke!

      LG Silvana

  • Doch, der Wandertourismus ist sogar das Schwerpunktthema des regionalen Tourismusmarketings. Die infrastrukturellen Mängel liegen wohl eher am – nicht zuletzt durch die dünne Besiedelung verursachten – sehr geringen Budget der Kommunen. Bei den lokalen Tourismusvereinen und der tmu GmbH sollte es aber diverse „begehbare“ Tagestourenvorschläge geben.

    • Hey Sarah, vielen Dank für deinen informativen Kommentar. In der Tourismusinformation von Templin habe ich mich mit Wandermaterial eingedeckt. Darunter u.a. „Wandern in der Uckermark – Tagestouren“ und Märkischer Landweg & Co – Wandern in der Uckermark“. Da sind viele schöne Touren dabei, die wir zum Teil auch angekratzt haben, aber natürlich nicht alle gewandert sind. Die hier beschriebenen Wanderungen im Beitrag waren nicht die einzigen Touren, die wir gemacht haben. Auf zwei weitere gehe ich noch gesondert ein. Trotz der guten Vorschläge aus den Broschüren, erkunden meine Freunde und ich die Gegend auch schon mal gerne auf eigene Faust. Und dabei kommen halt die unterschiedlichsten Erlebnisse zustande. :-)
      Und die nur schwer begehbare Runde um den Kastavensee hat uns dennoch sehr gut gefallen. Es war eben nur sehr ungewohnt für uns, weil momentan in NRW und Rheinland-Pfalz der Wandertourismus boomt und sehr viel Arbeit in Rundwege und Co. gesteckt wird.

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