Kalte Schnauze – Hundeblog

[enthält Werbung]
„Frau Brangenberg, tun Sie mir bitte einen Gefallen: Kommen Sie an den Wochenenden vorbei und üben hier auf dem Hof mit Ihrem Wohnwagen das Rangieren und Rückwärtsfahren. Das würde mich beruhigen.“ Mit diesen Worten des Stellplatzvermieters begann vor zwei Jahren meine Wohnwagen-Ära mit Mr. Weinsberg.

Zugegeben, sie haben mich hart getroffen. Zwar war es ein Klacks, meinen Wohnwagen vom Händler in Leverkusen schön geradeaus über Autobahn und Landstraße nach Mönchengladbach zu bringen. Doch den Wohnwagen akkurat rückwärts auf seinen Stellplatz zu manövrieren, schier unmöglich.

War es die richtige Entscheidung?

Zum zweiten Mal an diesem Tag wurde mir etwas unwohl in der Magengegend und ich merkte, wie die Panik wieder anklopfte. War es die richtige Entscheidung? Komme ich mit dem Wohnwagen alleine klar? Denke ich an all die Dinge, die mir der Händler eben im Schnelldurchlauf über Ankuppeln, Abkuppeln, Stützen rein- und rauskurbeln, Wasserleitungen auf- und zudrehen, Gas auf-/an- und zu-/abschließen, Kühlschrank auf Autobatterie oder Strom umstellen, Herd, Heizung und Therme bedienen gezeigt und erklärt hatte? Oder war es ein Fehler, vorher keinen Wohnwagen gemietet zu haben, um ausprobieren zu können, ob mir das Handling ohne Hilfe wirklich zutraue?

Die Sackmarkise montiert. Der Sommer kann kommen.

So hatte ich des Öfteren mit den privaten Camper-Sharing-Angeboten auf Paul Camper geliebäugelt. Dort vermieten private Camper ihr Wohnmobil oder ihren Wohnwagen – auch an Hundehalter. Ich mag die Idee dahinter, allen Reiselustigen die Chance auf einen selbstbestimmten Urlaub auf vier Rädern zu ermöglichen – auch ohne eigenes Fahrzeug. Und gleichzeitig können die Camper-Sharer ihre laufenden Kosten mit der Vermietung decken. Quasi eine Win-win-Situation.

Zum Glück war ich kein kompletter Camping-Neuling

Letzten Endes bin ich dann doch ins kalte Wasser gesprungen. Immerhin blickte ich auf fünf Jahre Zelt-Camping-Erfahrung zurück. An Equipment hatte sich ebenfalls einiges angesammelt, sodass ich nicht bei Null anfangen brauchte und kein unnützes Zeug einkaufen musste.

Fürs Camping mit Zelt gepackt.

Das Einzige, das ich mit einem gewissen Stolz im Campershop gekauft habe, war die Sanitärflüssigkeit für mein Chemieklo nebst speziellem Toilettenpapier. Tatsächlich freute ich mich über mein Bad inklusive Klo im Wohnwagen am meisten. Dicht gefolgt von der Heizung und einem richtigen Bett. Aber ich schweife ab.

Ich redete mir ein, dass ich das schon irgendwie schaffen würde. Schließlich hatte ich bei meinen Freunden etliche Male zugesehen und auch geholfen, wenn sie ihren Wohnwagen startklar zur Abreise gemacht haben. Trotzdem: Selbermachen ist noch mal etwas ganz anderes.

Wenn dir der Pöppes auf Grundeis geht

Ein bisschen Überwindung – oder wie es Neudeutsch so schön heißt: die Komfortzone verlassen – gehört für mich nach wie vor dazu. Als ich das erste Mal ganz allein, ohne meine Freunde, für eine Woche ins Saarland gefahren bin, ist mir der Pöppes auf Grundeis gegangen. Aber je öfter ich es mache, desto sicherer werde ich. Vor allem lerne ich, Ruhe zu bewahren.

Bei jedem Saisonstart – okay, ich habe erst zwei erlebt – braucht es wieder etwas Zeit sich einzugrooven. Aber ich denke, das ist normal. Zumindest weiß ich jetzt durch einen Trick, was ich tun muss, wenn mir der Wohnwagen beim Zurücksetzen nach links oder rechts driftet. Das sind Erfahrungswerte, die kommen mit der Zeit.

Natürlich habe ich bei den ersten Wochenendtrips und Urlauben das ein oder andere Knöpfchen vergessen zu drücken und ordentlich geschwitzt, weil diese blöde Kupplung nicht auf dem Kugelkopf meiner Anhängerkupplung einrasten wollte.

Javi ist das alles egal mit dem An- und Abkuppeln. Hauptsache er ist mitten drin statt nur dabei.

Ich weiß noch, wie ich mit meiner Mutter für ein Wochenende im niederländischen Gelderland war. Ich habe Mr. Weinsberg zum Verrecken nicht angekuppelt bekommen. Dafür hatte ich die volle Aufmerksamkeit meiner holländischen Mitcamper, die bei der doch recht warmen Maisonne keine Lust hatten, mir zu helfen, aber von meinen Bemühungen sichtlich amüsiert waren.

Als die Anhängerkupplung schließlich mit einem lauten Klack einrastete, konnte ich nicht anders als meine Hände in die Höhe zu reißen und meinen Mitcampern demonstrativ entgegen zu jubeln. Immerhin gab’s dafür Applaus.

Ich erkuppelte mir Anerkennung und das Du

Mit der Zeit wurde die An- und Abkuppelei von Mr. Weinsberg immer besser. So konnte ich meine Stellplatznachbarn zu Hause, alles Männer und Hobbyschrauber, beim Ankuppeln beeindrucken. Rückfahrkamera im Auto sei Dank. Aber das wussten die Männer im ersten Moment nicht.

Und so erkuppelte ich mir mit Rückfahrkamera von Mal zu Mal die Anerkennung meiner männlichen Stellplatznachbarn. „Mit der Frau kann man arbeiten!“, hieß es. Oder ich bekam wertvolle Insider-Tipps an die Hand sowie Hilfe beim Waschen des Wohnwagens oder der Montage meines Fahrradträgers.

Ab und ab braucht der Wohnwagen ein Wäsche, damit er sein strahlendes Weiß behält.

Den Ritterschlag erhielt ich jedoch vergangenen November von dem Mann, mit dem vor zwei Jahren die Ära „Mr. Weinsberg“ begonnen hatte: meinem Stellplatzvermieter. Der Wohnwagen sollte über den Winter wieder in die Scheune. Das war beim ersten Mal 2019 noch ein echtes Drama. Ihr wisst schon: rangieren und rückwärtsfahren. Doch dieses Mal fuhr ich Mr. Weinsberg souverän in sein enges, aber trockenes Winterquartier. Rückwärts! Das muss meinem Stellplatzvermieter positiv aufgefallen sein. Denn nachdem Mr. Weinsberg in der Scheune parkte, bot er mir einfach so das Du an – nach anderthalb Jahren. Sehr beruhigend. 😉

Bis zur nächsten Saison!

1 KommentarHinterlasse einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Die mit mit * gekennzeichneten Felder ausfüllen.