Mein kleines Riesenbaby,
kaum zu glauben, dass du schon seit einem Jahr mein Leben bereicherst. Ich bin so froh, dass du da bist – auch wenn der Anlass deiner Adoption kein schöner war. Du hast bereits vier Wochen nach Cabos plötzlichen Tod seinen Platz einnehmen und die Lücke füllen müssen, die er so unerwartet hinterlassen hat. Eine schwere Bürde. Im Nachhinein betrachtet war das sehr egoistisch von mir. Du musstet dich nicht nur von heute auf morgen in einem vollkommen neuen Land, einer fremden Umgebung und mit unbekannten Menschen zurechtfinden, sondern auch mit einem Trauerkloß zurechtkommen, der dein neues Frauchen sein sollte.
Nach zwei Wochen in deinem neuen Zuhause habe ich dich dem Osteopathen vorgestellt, weil du unglaublich berührungsempfindlich am hinteren Rücken warst. Schnell stand der Verdacht auf HD im Raum, der sich Anfang Februar leider bestätigen sollte. Heute weiß ich, dass die HD nicht der einzige Grund für diese Empfindlichkeit war. Du kanntest Berührungen einfach nicht, warst unsicher und konntest mich überhaupt nicht einschätzen.
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie wir beide die ersten Wochen immer wieder dieselben Gassistrecken gegangen sind, um dir draußen Sicherheit zu geben. Was habe ich mich gefreut, als du nach ein paar Tagen dein erstes Pippi im Wald gemacht hast und nach ein paar Wochen auch dein erstes großes Geschäft. Zum Glück gab es den Garten meiner Eltern, wo du dich entspannt lösen und deine neue Welt Stück für Stück in Ruhe erkunden konntest.
Dass du von Anfang an stubenrein warst, fand ich faszinierend. Sowieso warst und bist du zuhause ein total lieber Hund. Du hast sehr schnell zur Ruhe gefunden, deine Box wie von selbst angenommen und mit Appetit gefuttert. Nur mit meinem Vater hattest du Startschwierigkeiten. Generell waren dir Männer unheimlich. Aber auch das hat sich gelegt.
Nach etwa drei Wochen habe ich dir Cabos Hundefreunde vorgestellt. Das war eine gute Idee. Denn die souveränen Mädels haben dir bei den Spaziergängen Sicherheit gegeben und du hast dich toll an ihnen orientiert. Dafür bin ich sehr dankbar.
Bereits nach einem Monat stand der erste Urlaub im Allgäu für dich an. Rückblickend betrachtet war das keine gute Idee. Du hast das zwar alles bravurös gemeistert, aber es war dennoch viel zu früh für dich – und auch für mich.
Ende Februar habe ich ziemlich spontan einen Wohnwagen gekauft – und mir damit einen Traum erfüllt. Die Sorge war groß, ob du daran ebenfalls so Spaß haben würdest. So ging es im April auf Jungfernfahrt mit Mr. Weinsberg. Und was machst du? Camping wie ein Profi. Den Wohnwagen hast du von der ersten Minute an geliebt. Dich darin für kurze Zeit alleine zu lassen, war nie ein Problem.
Stichwort „Alleine bleiben“. Auch das ist eines der vielen Dinge, die ich nicht wirklich mit dir üben musste. Um sicher zu gehen, was du denn tust, wenn ich nicht da bin, habe ich von der lieben Lizzy, die den Blog „Behütet & Geliebt“ betreibt, eine Hundekamera ausgeliehen bekommen. Mit der hatten wir zwei großen Spaß dank der eingebauten Leckerlie-Wurf-Funktion. Und ich hatte zudem die Sicherheit, dass du ganz entspannt zu Hause bleiben kannst. Ein Geschenk!
Nach deinem zweiten Camping-Abenteuer in Luxemburg stand der obligatorische Test auf Mittelmeerkrankheiten bei dir an. In Spanien bist du negativ getestet worden. Trotzdem darf man sich darauf nicht verlassen. Also haben wir Ende Mai nachtesten lassen. Leider war der Leishmaniose-Titer bei dir leicht positiv, sodass du ein Medikament bekommen hast, dass die Aktivität der Parasiten eindämmen soll. Gleichzeitig bedeutete das eine Ernährungsumstellung für dich, die mich belastet und die mir sehr viel Kopfzerbrechen bereitet hat, weil ich plötzlich auf so viele Dinge achten musste. Das Schlimmste für mich war, dir keine Kauartikel mehr geben zu dürfen, die du über alles liebst. Aber auch das hast du wie immer anstandslos mitgemacht.
Ganz ehrlich: Zu wissen, dass du nun auch noch mit Leishmaniose infiziert bist, war nach deiner HD-Diagnose und der Ungewissheit, was ich dir überhaupt körperlich zumuten kann, der nächste Schlag ins Gesicht. Deine Krankheiten haben mich sehr belastet und beschäftigt, sodass unser Alltagstraining gefühlt zu kurz kam. Doch irgendwann ist mir aufgefallen, was du schon alles kannst und mal so nebenbei gelernt hast. Du hast einfach weiter gemacht wie bisher. Und ich habe versucht, mir an deiner Lebensfreude ein Beispiel zu nehmen.
Tja, so hast du mal eben gelernt, am Fahrrad zu laufen und nach einigen Schwimmstunden mit Briardmädel Fleurie war auch das Seepferdchen gemacht. Nun ist Schwimmen für dich ganz selbstverständlich und wirst es deinem neuen spanischen Kumpel Dexter bestimmt im nächsten Jahr auch beibringen.
Natürlich gibt es auch Phasen, in denen ich dich am liebsten auf den Mond schießen würde. Vor allem wenn du an der Leine ziehst. Irgendwie kann ich dir das Prinzip „Gehen an lockerer Leine“ (noch) nicht vermitteln. Aber es wäre auch zu schön, wenn alles sofort klappen würde. Ich weiß, dass ich nicht die geduldigste und gelassenste Person bin. Genauso wie du bin ich nicht die coolste Socke auf Erden. Doch wie heißt es so schön? Man wächst an seinen Aufgaben. Jeder bekommt den Hund, den er braucht. Für dich werde ich an mir arbeiten. Versprochen!
Im Sommer hast du mit mir in diversen Eiscafés gesessen, kennst jetzt Restaurantbesuche, gehst mit mir wandern, fährst überall mit mir hin und hast feste Hundefreundschaften gefunden. Das ist für ein Jahr verdammt viel – und ich bin so, so stolz auf dich!
Mittlerweile bist du zu einem stattlichen Rüden herangewachsen, der knapp 29 kg auf die Waage bringt und eine Schulterhöhe von 64 cm hat. Deinen Leishmaniose-Titer haben wir von 1,26 auf 0,7 in den negativen Bereich gedrängt. Die Tabletten konnten wir absetzen und im Dezember wird erneut Blut abgenommen, um zu sehen, ob der Leishmaniose-Titer auch ohne Medikamente stabil negativ bleibt.
Ich hatte meine Startschwierigkeiten mit dir. Niemals hätte ich gedacht, dass es mir so schwer fallen würde, Cabo loszulassen und dich anzunehmen – ohne schlechtes Gewissen. Trotzdem war ich froh, dich so schnell nach Cabos Tod an meiner Seite zu wissen. Das war alles andere als leicht für dich – und ist es manchmal noch immer nicht. Darum rechne ich dir so hoch an, dass du bist, wie du bist: ein lebensfroher, tollpatschiger, freundlicher Hundejunge, der für so vieles offen ist und andere mit seinem Charme verzaubert.
Hab dich lieb, Javi!
Was für eine tolle Liebeserklärung!
Wie immer, liebe Silvana, ganz toll geschrieben und auch professionell fotografiert. 👍🏻
Was für ein toller Begleiter…..und wie ich finde, genau der Richtige 💕
Was für eine wunderschöne Geschichte. Vielen Dank dafür und euch eine wundervolle Zeit.
Ich freue mich, dass Du dies heute so schreiben kannst. Ich erinnere mich gut, wie traurig Du warst. Umso mehr freue ich mich, dass Du heute wieder glücklich sein darfst. Deine Zeilen machen Mut, denn wir alle werden in diese Situation kommen. Ich mag aber auch Deine ehrliche Reflexion. Dies macht Dich stärker als Du denkst …
Alles Gute Euch beiden und eine lange und glückliche, möglichst gesunde gemeinsame Zeit.
Viele liebe Grüße
Sabine mit Socke
So sind sie, unsere vierbeinigen Begleiter. Immer für uns da und nehmen alles mit einem Lächeln hin. Das müssen wir Menschen oft noch lernen. Fleurie und ich freuen uns auf noch viele gemeinsame Unternehmungen mit euch. Ihr könnt stolz auf ein anstrengendes, aber vor allem erfolgreiches Jahr sein.
Was habt ihr nicht in nur einem Jahr schon durchlebt, aber auch erreicht. Etliche Hürden genommen, Ziele verwirklicht, ihr seid zusammen gewachsen trotz einiger Hindernisse. Das ist so schön und ich freue mich für dich, Silvana. Das Ziehproblem schafft ihr auch noch. 😉😊😊
Was für ein schönes, aufreibendes, lehrreiches (für beide Seiten) Jahr mit euch zweien! ❤